Navigating a world of constraints.
Developmentalism, industrial policy, and the limits to structural transformation in Ethiopia.
Aaron GruberWien, February 2024 | 978-3-902906-70-0
Nach mehreren Jahrzehnten einer weitgehenden Verleugnung des Themas erfreut sich Industriepolitik seit einigen Jahren wieder steigender Aufmerksamkeit. Während nationale Strategien nachholender wirtschaftlicher Entwicklung zum Kern entwicklungspolitischer Bemühungen in den 1950-1970er Jahren gehörten, kamen sie spätestens seit Beginn der 1980er Jahren aus der Mode. Verantwortlich dafür waren nicht nur die gemischte Erfolgsbilanz jener Länder in Lateinamerika und Afrika, die derlei industriepolitische Initiativen implementiert hatten. Auch die entwicklungsökonomische Kritik daran war schwerwiegend, und zwar von beiden Seiten des politischen Spektrums. Während dependenztheoretische Arbeiten vor allem auf strukturelle Blockaden und Abhängigkeitsstrukturen zwischen Zentren und Peripherien hinwiesen, fokussierte die neoliberale Kritik auf die Ineffizienzen staatlicher Intervention und außenwirtschaftlichen Protektionismus als wesentliche Ursachen für die zu verzeichnenden Misserfolge. Auch wenn in den 1980er und 1990 Jahren neue Forschungsergebnisse veröffentlicht wurden, welche anhand von Ländern wie Korea, Taiwan und anderer asiatischer Tigerstaaten zeigten, dass nachholende wirtschaftliche Entwicklung durchaus gelingen konnte, führte dies aufgrund des vorherrschenden wirtschaftspolitischen Zeitgeists lange Zeit nicht zu einer Renaissance von Industriepolitik. Eines der wenigen Länder, welches sich davon nicht abhalten ließ, sondern nach Überwindung des Derg Regimes ab den frühen 1990er Jahren den Versuch einer nachholenden industriellen Entwicklung unternommen hat, war Äthiopien. Und dies durchaus mit Erfolg.
Anhand des Fallbeispiels Äthiopien befasst sich die vorliegende Arbeit mit den Möglichkeiten und Herausforderungen, die mit Strukturwandel und Industriepolitik in peripheren Ländern des 21. Jahrhunderts verbunden sind. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass Äthiopien seit vielen Jahren auch ein Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ist, leistet Aaron Gruber mit seiner Arbeit einen wertvollen Beitrag zu einem besseren Verständnis nachholender industrieller Entwicklung im zeitgenössischen Kapitalismus.