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Harmonisierung und Anpassung als Strategien für wirksamere Hilfe?

Bisherige Erfahrungen mit bi- und multilateralen Gebern in Asien und Afrika

Clemens Six

Wien, Dezember 2006

Die internationale Gemeinschaft hat im Jahr 2000 mit der Verabschiedung der Millenniumserklärung in der Generalversammlung der Vereinten Nationen einen wesentlichen Versuch gestartet, durch ein zwischen den Geber- und Empfängerländern abgestimmtes und politisch verbindliches Programm bis 2015 mehr Koordination und ergebnisorientiertes Engagement im weltweiten Kampf gegen die Armut zu erreichen. Die Kombination der Millenniums- Entwicklungsziele (MEZ) mit konkreten Indikatoren sollte die Staatengemeinschaft in einen akkordierten Prozess der Umsetzung integrieren, der Anhand von Etappenzielen überwacht und ausgewertet werden sollte. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds haben dabei die Aufgabe übernommen, die Implementierung der entsprechenden Politiken zur Erreichung der Ziele zu beobachten und im Hinblick auf die erreichten Ergebnisse zu bewerten. Ein wesentlicher Beitrag dazu sind die alljährlich veröffentlichten Global Monitoring Reports, die jeweils unter einem spezifischen Schwerpunkt stehen und unterschiedliche Aspekte der Millenniumsagenda beleuchten. 2004 wurde der erste Bericht dieser Serie fertig gestellt, der versucht, die wesentlichen grundlegenden (entwicklungs-)politischen Anforderungen an die Geber- und Empfängerstaaten zu formulieren. Neben einer quantitativen Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) steht in diesem Bericht vor allem die Forderung nach Qualitätsverbesserung im Mittelpunkt, die eine mindestens ebenso zentrale Voraussetzung für eine Wirksamkeitssteigerung der EZA darstellt. Insbesondere zwei Trends in der Internationalen EZA interpretierten die Bank und der Währungsfonds als kontraproduktiv im Sinne der Armutsbekämpfung. Seit Beginn der 1980er Jahre nahm die Fragmentierung der Geber, also der Anteil einzelner Geber am Gesamtvolumen der Hilfe, mit Ausnahmen kurzer Gegentrends stetig zu. Das bedeutet, dass die Anzahl der Geber, die in einem Empfängerland tätig sind, zunimmt und meist gleichzeitig der Anteil der Geber an der gesamten EZA in einem Land abnimmt (vgl. dazu Birdsall 2005, 9). Dieser hohe Grad an Fragmentierung machte eine Koordination der Geber untereinander, wie sie für die Erreichung der Millenniums- Ziele unabdingbar ist, praktisch unmöglich und verursachte Ineffizienz durch mangelnde Abstimmung und Kooperation. Die zweite Entwicklung betrifft den Anteil der öffentlichen bilateralen EZA, der in Geldmittel oder anderen, flexiblen Formen abgewickelt wird. Diese flexiblen Mittel werden im Süden vor allem zur Deckung der Mehrkosten benötigt, die eine konsequente Verfolgung der MEZ mit sich bringt. Nach den Angaben der OECD nahm dieser Anteil seit 1982 kontinuierlich ab, sodass im Jahr 2002 nur mehr rund 30 % der öffentlichen bilateralen Hilfe für flexible Projekt- und Programmfinanzierungen zur Verfügung stand. Der Rest war in Finanzierungsformen verankert, die an bestimmte Zwecke wie technische Zusammenarbeit, Entschuldung, Katastrophenhilfe, administrative Kosten und dergleichen gebunden waren (World Bank 2004, Chapter 11). Diese fixe Allokation der Ressourcen wiederum schränkte den entwicklungspolitischen Spielraum der Empfängerländer sehr stark ein und war für eine wirksamere Entwicklungskooperation ungeeignet.

Vor dem Hintergrund dieser Trends schlagen die beiden Internationalen Finanzinstitutionen insbesondere drei Strategien vor, die in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen für eine qualitativ bessere EZA bilden sollten:

  • Mehr Selektivität seitens der Geberländer bei der Auswahl ihrer Zielregionen und -länder entsprechend den eigenen Kompetenzen und komparativen Vorteilen;
  • Stärkere Harmonisierung der Geberstrategien und -programme;
  • Anpassung der Hilfe an die Entwicklungsstrategien und Prioritäten der Empfängerländer (ebda: 170-176).

Die seither weiterentwickelte internationale Agenda zur Wirksamkeitssteigerung in den Erklärungen von Rom (2003), Marakesch (2004) und Paris (2005) kreist damit im Wesentlichen um die beiden Punkte Harmonisierung und Anpassung (H&A), die primär Geberverpflichtungen darstellen. Mit einer entsprechend konsequenten Umsetzung verspricht sich die internationale Gemeinschaft nicht nur einen wichtigen Schritt in Richtung 2015, sondern auch eine Korrektur jener oben erwähnten kontraproduktiven Trends, die die Weltbank und der IWF im Hinblick auf die Erreichung der MEZ kritisiert haben.

Dieser Beitrag versucht, einen Überblick über die bisherigen Erfahrungswerte in der Umsetzung von Harmonisierung und Anpassung zu geben, um Stärken und Defizite der bislang realisierten Reformansätze deutlich zu machen. Es wird dafür zunächst notwendig sein, zwischen den unterschiedlichen multilateralen und bilateralen Gebern zu unterscheiden, da die Zeitspanne, die für entsprechende Erfahrungen zur Verfügung stand, sehr unterschiedlich ist. Die multilateralen Geber wie die Weltbank können dabei auf eine wesentlich längere Periode der praktischen Erfahrungen zurückblicken als etwa die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten als bilaterale Geber, deren Bestrebungen diesbezüglich erst wenige Jahre existieren bzw. überhaupt erst im Aufbau sind. Harmonisierung und Anpassung als entwicklungspolitische Strategien bestehen aus einer Vielzahl von Einzelaspekten, die in ihrer Gesamtheit zur Wirksamkeitssteigerung der EZA beitragen sollen. Dementsprechend wird im zweiten Teil untergliedert nach diesen Einzelaspekten gefragt, wie konsequent und politisch überzeugend diese Agenda bislang umgesetzt wurde und wo die eklatantesten Defizite liegen.

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