Nachdem berufliche Bildung lange Zeit ein eher vernachlässigtes Interventionsfeld der internationalen Entwicklungszusammenarbeit gewesen ist, erlebt sie seit einigen Jahren eine Renaissance. Gründe dafür sind hohe Jugendarbeitslosigkeit, die Erkenntnis, dass Primarschulabschlüsse nicht ausreichen, um den Menschen das Ausbrechen aus dem Armutskreislauf zu ermöglichen, und letztendlich auch die Schwerpunktsetzung der internationalen Entwicklungszusammenarbeit auf Wirtschaft und Entwicklung.
In den Sustainable Development Goals ist berufliche Bildung in den Zielen 4.3 und 4.4 verankert. Sie stellt für viele Regierungen sowie bi- und multilaterale Geber*innen ein wichtiges Instrument für wirtschaftliche Entwicklung dar. Allerdings galt berufliche Bildung in vielen Ländern des Globalen Südens lange Zeit als wenig effizient und als Bildung „zweiter Klasse“, die den sozialen Aufstieg versperrt.
Es wird daher diskutiert, wie berufliche Ausbildung an den Bedarf der Wirtschaft angebunden, die Qualität verbessert und die „Sackgasse Berufsbildung“ überwunden werden kann. Im Globalen Süden besteht mittlerweile reges Interesse am deutschsprachigen Modell der dualen Berufsausbildung am Arbeitsplatz und in der Berufsschule. Dieses Modell wird als Hauptgrund für die niedrige Jugendarbeitslosigkeit in den deutschsprachigen Ländern angesehen.
Die ÖFSE analysiert berufliche Bildung als Teil der Bildungssysteme in den Ländern des Globalen Südens, insbesondere vor dem Hintergrund unterschiedlicher kolonialer Traditionen und neuer globaler Entwicklungen wie Digitalisierung und dem Streben nach einer grünen Transformation. Dabei stehen folgende Fragen im Vordergrund:
- Welche Bedingungen braucht es und welche Strategien sind zielführend damit berufliche Bildung einen Beitrag zu Armutsminderung, Überwindung sozialer Disparitäten und inklusiver sowie nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung leisten kann?
- Welche staatlichen und nicht-staatlichen Akteure spielen für Berufsbildung und Skills Development eine Rolle, welche Interessen verfolgen sie und welchen Beitrag können sie zu inklusiver, relevanter und nachhaltiger Berufsbildung leisten?