Globale Wertschöpfungsketten

Internationaler Handel und globale Produktion werden zunehmend in globalen Wertschöpfungsketten (GWK) organisiert, in denen transnationale Konzerne den Produktionsprozess aufspalten und im globalen Maßstab verlagern. Die Integration und die Verbesserung der Position in GWK wurde zu einem wesentlichen Politikziel in vielen nationalen Entwicklungsstrategien erhoben. Der Begriff „economic upgrading“ beschreibt in diesem Kontext die Aufwertung von geringwertigen zu höherwertigeren Aktivitäten in GWK, mit der im Allgemeinen ein erfolgreicher Entwicklungspfad von Unternehmen und Ökonomien verbunden wird. Upgrading-Prozesse sind aber umkämpft und vor allem der hohe Wettbewerbsdruck auf Zulieferebene und asymmetrische Markt- und Machtstrukturen in GWK erschweren nachhaltige Entwicklungseffekte. Staatliche Politiken und vor allem Industriepolitik spielen eine zentrale Rolle, um Upgrading, strukturellen Wandel und breitere Entwicklungseffekte zu ermöglichen (siehe auch Themenschwerpunkt Private Sector Development (PSD) und Industriepolitik).

Aus entwicklungspolitischer Perspektive ist relevant, welche Effekte die zunehmende Integration in GWK auf wirtschaftliche Entwicklung, Beschäftigung und Armutsminderung hat, wie die Position von Ländern des Globalen Südens im internationalen Handelssystem nachhaltig verbessert werden kann und welche nationalen und internationalen Regulierungen und institutionellen Kontexte es dafür braucht.

Zudem beschäftigt sich die ÖFSE mit der Resilienz und Nachhaltigkeit globaler Wertschöpfungsketten. Insbesondere vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise ist die Frage nach der Versorgungssicherheit von kritischen Produkten, z.B. für medizinische und pharmazeutische Produkte, gestiegen. In diesem Zusammenhang werden zunehmend auch Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz (z.B. Diversifikation von Anbieterunternehmen und Regionen) von GWK aber auch Re- und Nearshoring (d.h. das Zurückholen von zuvor ausgelagerter Produktion in oder in die Nähe des „ursprünglichen“ Produktionsstandortes) diskutiert.

Des Weiteren stellt die zunehmende Klimakrise aktuelle Produktionsstrukturen zunehmend in Frage. GWK müssen daher nachhaltiger gestaltet werden, aber auch eine zunehmende Regionalisierung könnten GWK umstrukturieren. Maßnahmen wie der European Green Deal (Stichwort: Kreislaufökonomie) spielen in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle.

Die ÖFSE widmet sich diesem Thema vor allem unter folgenden Gesichtspunkten:

  • Wie ist die Resilienz von GWK zu beurteilen und wie kann die Versorgungssicherheit, z.B. von kritischen medizinischen und pharmazeutischen Produkten, erhöht werden? Ist die geographische Diversifizierung von AnbieterInnen und Regionen ausreichend, oder braucht es Lagerhaltung und Reshoring?
  • Wie können (globale) Wertschöpfungsketten im Kontext der Klimakrise nachhaltiger gestaltet werden? Welche Auswirkungen hat die Förderung der Kreislaufwirtschaft auf den Globalen Süden? Inwieweit ist eine zunehmende Regionalisierung in manchen Sektoren sinnvoll?
  • Welche Politiken sind notwendig, um breitere und nachhaltige Entwicklungseffekte, Upgrading, strukturellen Wandel, sowie gute Beschäftigung (decent work) und Armutsreduzierung sicherzustellen?
  • Welche Möglichkeiten bieten exportorientierte Entwicklungsstrategien für den wirtschaftlichen Entwicklungsprozess von Ländern im Globalen Süden, vor allem in Subsahara-Afrika?
  • Welche Rolle spielt Industriepolitik und wie müssen industriepolitische Interventionen im Kontext von globalen Wertschöpfungsketten angepasst werden?
  • Welche Möglichkeiten bieten neue Endmärkte in sogenannten Schwellenländern (Süd-Süd-Handel) und die Produktion für lokale und regionale Märkte als Alternative zu export-orientierten Strategien?
  • Wie können höhere lokale Wertschöpfung und der Aufbau von lokalen und regionalen Wertschöpfungsketten (zum Beispiel von Baumwolle über Textilien zu Bekleidung in Subsahara-Afrika) ermöglicht werden?

Ansprechperson zum Thema:

Werner Raza

Dr. Werner Raza
Leiter der ÖFSE
Tel.: +43 1 317 40 10 – 101  
E-Mail: w.raza@oefse.at

mehr Information

Publikationen zum Thema: